Konzerne & Anstand

Beitrag in der Bantiger Post Nr. 46, 10. November 2020.

Die Schweiz ist ein Steuerparadies. Daher haben viele internationale Konzerne ihren Geschäftssitz hier; kein Land der Welt beherbergt gemessen an der Bevölkerungszahl auch nur annähernd so viele Weltkonzerne wie die Schweiz.

Den grössten Teil ihrer Gewinne erwirtschaften die Konzerne nicht in der Schweiz, sondern in anderen Ländern, häufig im globalen Süden, nicht selten auf Kosten der dortigen Umwelt und Bevölkerung. Die Menschen dort sind aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation in ihrem Land oft bereit bzw. gezwungen, zu kärglichem Lohn zu arbeiten. Zudem gefährden oder zerstören die harten und manchmal gefährlichen Arbeiten ihre Gesundheit.

Wo bleibt da der Anstand der Arbeitgeber*innen? Allzu oft nirgends, denn was zählt, sind möglichst hohe Gewinne, die aber nicht dort versteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden, sondern – zu einem tiefen Tarif (wenn überhaupt) – in unserer sauberen und reichen Schweiz. Während wir von uns selbst Anstand und Verantwortungsübernahme fordern und dies auch von jeder zurechnungsfähigen erwachsenen Person erwarten, haben milliardenschwere Rohstoffkonzerne wie Glencore keinerlei solcher Auflagen.

Dies will die Konzernverantwortungsinitiative KVI ändern: Sie verpflichtet die Konzerne mit Sitz in der Schweiz, Menschenrechte und Umweltstandards bei ihren Geschäftstätigkeiten weltweit zu achten – eigentlich eine Selbstverständlichkeit!

Wir profitieren als Privatpersonen von günstigen Produkten, die andernorts auf der Welt produziert werden, also wollen wir uns mit unserer Stimme für die KVI auch dafür einsetzen, dass diese Produkte fair und nachhaltig erwirtschaftet werden.

Der vehemente Widerstand vieler Schweizer Wirtschaftsvertreter*innen ist schwer verständlich und faktisch unnötig: KMU mit bis zu 250 Angestellten sind von der KVI (mit ganz wenigen Ausnahmen in Hochrisikosektoren) nicht betroffen, grössere Unternehmer*innen, die anständig vorgehen, haben von der KVI nichts zu befürchten.

Stimmen wir am 29. November JA zur Initiative „Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt“, stimmen wir für Verantwortung und Anstand, hier und möglichst weltweit! Der Planet ist EIN Organismus, wir sind letztlich mit allen und allem verbunden.

Und stimmen wir JA zur Volksinitiative „Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten“!

Ursula Lüthy

Präsidentin, ehemalige Gemeinderätin

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